Arbeitszeugnis, Nachweisgesetz, Elternteilzeit & Co. – bald keine Schriftform mehr erforderlich?

31.08.2023

Das Erfordernis der Schriftform baut im Arbeitsrecht oft hohe bürokratische Hürden auf. So müssen beispielsweise Kündigungen, Aufhebungsverträge, Arbeitszeugnisse und viele andere Erklärungen aktuell „schriftlich“ abgegeben werden, d. h. auf Papier und mit Originalunterschrift. Nun ist ein neues Gesetz in Planung, das einige dieser Hürden abbauen soll. Das geplante Bürokratieentlastungsgesetz IV könnte auch im Arbeitsrecht weitreichende Folgen haben und Erleichterungen für Arbeitgeber mit sich bringen.

Wozu ein neues Gesetz?

Aktuell stehen Arbeitgeber vor hohen bürokratischen Hürden, wenn es um alltägliche Vorgänge wie Kündigungen, Aufhebungsverträge oder Arbeitszeugnisse geht. Diese müssen nämlich in Schriftform abgegeben werden, d. h. in Papierform ausgedruckt und mit einer Originalunterschrift versehen werden. Erst im August 2022 wurde der Aufwand für Arbeitgeber durch die erhöhten Anforderungen des Nachweisgesetzes (n. F.; hierzu unten) noch einmal erheblich gesteigert. Arbeitgeber stehen somit alltäglich vor nicht zu unterschätzenden bürokratischen Aufgaben – eine Tatsache, die angesichts der schnell fortschreitenden Digitalisierung und in anderen Ländern bereits zu beobachtenden Trends hin zur Unterzeichnung via DocuSign u. ä. vielfach unnötig erscheint.

Diesem Problem soll nun mit einem neuen Gesetz begegnet werden. Das sog. Bürokratieentlastungsgesetz IV soll einen wesentlichen Beitrag zum Abbau bürokratischer Hürden leisten – auch im Arbeitsrecht. Bundesjustizminister Marco Buschmann erklärte dazu: „Heute leiten wir die Trendwende ein: Weg von immer mehr Bürokratie, hin zu Entlastung und neuen Freiräumen zum Wirtschaften.“ Aktuell befindet sich das Gesetz noch in der Planung. Heute hat das Bundeskabinett jedoch erste Eckpunkte veröffentlicht, die darin geregelt werden sollen. Ein Referentenentwurf für das Bürokratieentlastungsgesetz IV soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden.

 Welche Neuerungen sieht das Eckpunktepapier vor, die das Arbeitsrecht betreffen?

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist die wichtigste angestrebte Neuerung die Einführung der Elektronischen Form als Regelform im BGB. Ob und welche Auswirkungen dies auf Erklärungen hat, die bisher streng an die Schriftform gebunden sind (z. B. Kündigungen), ist allerdings noch nicht geklärt. Folgende geplante Neuerungen mit Bezug zum Arbeitsrecht nennt das Eckpunktepapier:

Nachweisgesetz: Seit August 2022 wurde durch das Nachweisgesetz (n. F.) die Liste der Informationen, die dem Arbeitnehmer schriftlich mitgeteilt werden mussten, erheblich erweitert und für Verstöße gegen diese Pflicht sogar ein Bußgeld angedroht. Das bedeutet, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern bei Vertragsschluss oder aber bei späteren Vertragsänderungen eine ganze Reihe nun sehr detaillierter Informationen schriftlich, d. h. in Papierform und mit Originalunterschrift mitteilen müssen. Hierin liegt für Arbeitgeber seitdem erhöhter bürokratischen Aufwand, da all diese Dokumente ausgedruckt, von der zuständigen Person, die hierfür vor Ort anwesend sein muss, unterschrieben werden und anschließend dem Arbeitnehmer persönlich übergeben oder zugestellt werden müssen. Idealerweise sollte das Ganze zudem nachweisbar sein, d. h. Arbeitgeber sollten zwei Versionen ausfertigen und sich eine hiervon unterschrieben vom Arbeitnehmer zurückgeben lassen.

Das Eckpunktepapier sieht nun vor, dass im Nachweisgesetz eine abweichende Regelung geschaffen wird. Geplant ist, dass keine schriftliche Mitteilung der wesentlichen Vertragsbedingungen mehr erforderlich ist, sondern die elektronische Form hierfür genügt. Das bedeutet, dass z. B. ein Arbeitsvertrag, der in elektronischer Form geschlossen wird und die erforderlichen Informationen enthält, ausreicht. Eine zusätzliche schriftliche Niederschrift wäre – anders als es momentan der Fall ist – nicht mehr nötig.

Arbeitszeugnisse: Auch die Erteilung von Arbeitszeugnissen soll zukünftig in elektronischer Form möglich sein.

Aushangpflichten: Anpassungen soll es auch im Arbeitszeitgesetz und im Jugendarbeitsschutzgesetz geben. Hier sollen Arbeitgeber die Aushangpflichten (§ 16 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz; §§ 47, 48, 54 Abs. 3 JArbSchG) zukünftig auch dadurch erfüllen können, dass die geforderten Informationen über die im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik elektronisch zur Verfügung gestellt werden, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu den Informationen haben. So könnte beispielsweise eine Veröffentlichung im Intranet o. ä. in Zukunft ausreichend sein.

Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit: Das bisherige Schriftformerfordernis für Anträge auf Elternteilzeit und ihre Ablehnung nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz soll durch die Textform ersetzt werden. Darin läge eine erhebliche Erleichterung, denn zur Erfüllung der Textform genügt es, wenn eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Darunter fallen beispielsweise Nachrichten per Telefax, Briefe ohne Unterschrift oder Kopien vom Originalen, aber auch E-Mails, SMS oder gar WhatsApp-Nachrichten.

Wie geht es weiter?

Ein Referentenentwurf für das Bürokratieentlastungsgesetz IV soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden. Dann wird sich zeigen, was aus der Schriftform wird und welche Änderungen – und hoffentlich Erleichterungen – sich für Arbeitgeber daraus ergeben werden. Besonders spannend bleibt es mit Blick auf Kündigungen und Aufhebungsverträge. Bislang unterliegen diese einem strengen Schriftformerfordernis. Ob das geplante Bürokratieentlastungsgesetz IV hieran etwas ändert und beispielsweise bald die Elektronische Form ausreicht, bleibt abzuwarten.